Netzverträglichkeitsprüfungen: Unsere Erkenntnisse aus 60 gestellten NVPs

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Aktualisiert am:

17.3.2025

Jede Solaranlage mit 30 kWp oder mehr, die Strom ins Netz einspeisen soll, muss zunächst eine Netzverträglichkeitsprüfung (NVP) durchlaufen. Dabei prüft der zuständige Netzbetreiber, ob das Netz in der Region die zusätzliche Einspeisung verkraftet. Doch unsere Erfahrung zeigt: Diese Prüfung ist ein massives Nadelöhr für den Ausbau erneuerbarer Energien – und bremst die Energiewende aus. Hier sind unsere Erkenntnisse aus 60 gestellten Netzverträglichkeitsprüfungen.

Extreme Unterschiede bei Geschwindigkeit, Verfahren und Antworten

In den letzten zwölf Monaten haben wir 60 NVPs bei 24 Netzbetreibern gestellt, von denen 28 bereits abgeschlossen sind. Offiziell darf eine NVP maximal acht Wochen dauern. Tatsächlich betrug die durchschnittliche Bearbeitungszeit bei uns jedoch 75 Tage – mit enormen Unterschieden:

  • Schnellster Netzbetreiber: Bearbeitungszeit von nur 2–8 Tagen bei allen fünf gestellten Anfragen.
  • Langsamster Netzbetreiber: Keine der elf Anfragen wurde fristgerecht bearbeitet, stattdessen dauerte es zwischen 67 und ganzen 176 Tagen.

Auch die Antragsverfahren sind uneinheitlich: Manche Netzbetreiber bieten digitale Portale an, oder fordern umfangreiche PDFs. Bei anderen wiederum genügt eine formlose  E-Mail. Und die Beantwortung der NVP unterscheidet sich auch je nach Netzbetreiber:

  • Einige Netzbetreiber machen konstruktive Vorschläge, z. B. eine um 20 kW reduzierte Anlage als kostengünstigere Lösung.
  • Ein Netzbetreiber bietet sogar eine „wirtschaftliche Prüfung“ an.
  • Andere präsentieren auf mehreren Seiten detaillierte Berechnungen für den Netzausbau einer 800-kWp-Anlage.

Unsere Konsequenzen: Fokussierung und veränderte Prozesse

Die NVP stellt ein erhebliches Risiko für Bauprojekte dar. Deshalb haben wir unsere Strategie angepasst:

  • Fokus auf schnelle Netzbetreiber: Über 100 Tage Wartezeit machen viele Projekte unrentabel. In Regionen mit kurzen Prüfzeiten können wir hingegen binnen weniger Wochen bauen.
  • Frühzeitige Antragsstellung: Um Verzögerungen zu vermeiden, beantragen wir die NVP bereits zu Projektbeginn.

Das bedeutet jedoch im Umkehrschluss: Nicht nur werden einige Regionen beim Ausbau der Erneuerbaren Energien systematisch aufgrund ihres Netzbetreibers benachteiligt. Die Netzbetreiber sehen sich zudem einer Antragsflut ausgesetzt.

So lassen sich NVPs effizienter gestalten

Wie kann das Verfahren für beide Seiten verbessert werden? Wir sehen drei zentrale Ansatzpunkte:

  1. Einheitliche und vereinfachte Prozesse: Während einige Netzbetreiber detaillierte Schaltpläne und Einheitenzertifikate verlangen, genügen anderen Standort und geplante Leistung. Einheitliche, schlanke Verfahren würden die Antragstellung erheblich erleichtern.
  2. Wirtschaftlichere Prüfverfahren: Eine exakte Kostenaufstellung ist oft nicht sinnvoll – etwa wenn der nächste Verknüpfungspunkt für eine 500-kWp-Anlage über 500 m entfernt liegt. Besser wären:
    • Frühzeitige Machbarkeitsanalysen
    • Pauschale Kostenschätzungen als Anhaltspunkt
    • Alternative Lösungen wie netzdienliche Steuerung oder Speicherintegration
  3. Echte Digitalisierung statt Scheinlösungen: Viele Online-Portale sind nur eine Fassade für manuelle Prozesse. Netzbetreiber sollten sich an Best Practices wie die Schnellprüfung (SNAP) in Echtzeit orientieren.

Unsere Analyse zeigt: Fehlende Standards und ineffiziente Prozesse bremsen den Ausbau erneuerbarer Energien erheblich. Netzbetreiber müssen schneller, transparenter und digitaler arbeiten, um die Energiewende nicht auszubremsen. Denn eines ist klar: Jede Verzögerung bedeutet weniger erneuerbare Energie im Netz.