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Aktualisiert am:
26.2.2025
Die Anzahl der Stunden mit negativen Strompreisen ist laut der Bundesnetzagentur von 139 im Jahr 2021 auf 457 im Jahr 2024 stark gestiegen. Das heißt: immer häufiger wird punktuell mehr Strom erzeugt, als verbraucht werden kann. Der Aufwärtstrend wird in naher Zukunft vermutlich weiter anhalten - und seitdem das “Solarspitzen-Gesetz” in Deutschland beschlossene Sache ist, sind auch Solaranlagenbetreiber von negativen Strompreisen betroffen. Wie negative Strompreise entstehen, was sie bewirken sollen, und wie man sie für sich nutzen kann, erklären wir in diesem Artikel. Wir werfen einen Blick darauf, warum negative Strompreise immer häufiger auftreten, welche neuen Regelungen für Solaranlagen gelten und welche Strategien Verbraucher und Unternehmen anwenden können, um von negativen Strompreisen zu profitieren.
Im Stromnetz müssen Verbrauch und Erzeugung immer im Gleichgewicht gehalten werden, sonst drohen Blackouts. Vor dem vermehrten Einsatz von Erneuerbaren Energien stellte das kein großes Problem dar, denn konventionelle Anlagen können ohne große Probleme ihre Erzeugung drosseln, bzw. hochfahren. Das ist bei der Energiegewinnung aus Sonne, Wind und Wasser anders: Mal scheint die Sonne, mal ist es bewölkt, an manchen Tagen ist es windiger als an anderen. Kurzum: Die Erzeugung aus Erneuerbaren Energien ist volatiler. Es kommt daher häufiger vor, dass mehr Strom erzeugt wird, als gerade verbraucht wird - zum Beispiel, wenn ein Feiertag besonders sonnig ist, der Strom aber nicht verwendet wird, da die Maschinen in den Fabriken nicht laufen.
Seit 2008 gibt es daher an kurzfristigen Strombörsen für diese Fälle negative Strompreise, die dem marktwirtschaftlichen Grundsatz von Angebot und Nachfrage folgen. Übersteigt das Angebot an Strom die Nachfrage, müssen die Stromerzeuger Geld für den erzeugten Strom bezahlen, wohingegen Verbraucher Geld bezahlt bekommen, wenn sie Strom abnehmen, einfach erklärt.
Im Grunde sollen negative Strompreise die richtigen Anreize für ein zukunftsfähiges Energiesystem schaffen. Um negative Strompreise zu vermeiden, müssten folgende Maßnahmen weiter vorangetrieben werden:
Diese Maßnahmen reduzieren nicht nur das Risiko für negative Strompreise, sondern machen das Energiesystem gleichzeitig fit für eine Zukunft, in der nicht mehr länger auf fossile Energieträger gesetzt wird, indem sichergestellt wird, dass auch Strom aus den Erneuerbaren flexibel und gleichmäßig eingesetzt werden kann.
Es gibt zwei große Faktoren, warum die Anzahl der Stunden mit negativen Strompreisen in den vergangenen Jahren stark anstieg:
Ein Großteil der bestehenden Photovoltaik- (75,4 %) und Windenergieanlagen (66,5 %) erhält eine feste Einspeisevergütung oder Marktprämie ohne Einschränkungen durch Stundenregelungen. Das bedeutet, dass diese Anlagenbetreiber keinen oder nur geringen Anreiz haben, ihre Einspeisung bei negativen Strompreisen zu reduzieren, da ihre Vergütung bislang unabhängig von den Marktpreisen erfolgt.
Zusätzlich haben große Verbraucher keinen wirklichen Anreiz, um auf die Preissignale zu reagieren. Großverbraucher zahlen häufig einen Leistungspreis, der auf ihrer maximalen Last basiert, sowie unterschiedliche Arbeits- und Leistungspreise, abhängig von den Jahresbenutzungsstunden. Dieses Preismodell fördert einen gleichmäßigen Stromverbrauch und bestraft Lastspitzen, bietet jedoch wenig Anreiz, den Verbrauch in Zeiten von Stromüberschüssen zu erhöhen. Dadurch reagieren viele industrielle Verbraucher nicht auf Preissignale, die auf ein Überangebot an Strom hinweisen.
In Kombination mit dem starken Ausbau erneuerbarer Energien führt dies dazu, dass Angebot und Nachfrage im Strommarkt häufiger auseinanderklaffen, was die Anzahl der Stunden mit negativen Strompreisen erhöht.
Mit dem neuen „Solarspitzen-Gesetz“, das am 1. März 2025 in Kraft tritt, sollen Betreiber neuer Photovoltaikanlagen stärker auf Preissignale reagieren. Eine zentrale Maßnahme: Wenn der Strompreis an der Börse negativ ist, gibt es keine Einspeisevergütung mehr. Damit soll verhindert werden, dass zu viel Strom ins Netz eingespeist wird, wenn ohnehin ein Überangebot besteht.
Zusätzlich dürfen neue Anlagen zunächst nur 60 % ihrer Leistung einspeisen, bis eine Steuerbox installiert ist, die eine flexible und netzdienliche Steuerung ermöglicht. Diese Maßnahme soll dazu beitragen, dass Strom dann genutzt oder gespeichert wird, wenn er tatsächlich gebraucht wird.
Um die finanziellen Einbußen für Anlagenbetreiber abzufedern, wird als Ausgleich die EEG-Förderlaufzeit verlängert: 50 % der Stunden mit negativen Strompreisen werden an die Förderperiode angehängt. Dadurch wird die entgangene Vergütung teilweise kompensiert, während gleichzeitig der Anreiz steigt, den selbst erzeugten Strom möglichst effizient zu nutzen oder zwischenzuspeichern.
Ja - wenn eine Anlage entsprechend konzipiert ist. So wird es durch das “Solarspitzen-Gesetz” attraktiver, den erzeugten Solarstrom direkt selbst zu verbrauchen, oder in ein Speichersystem zu investieren.
Außerdem kann es bei Teileinspeiser- oder Volleinspeiser-Anlagen sinnvoll sein, die Anlagen in einer Ost-West-Ausrichtung zu bauen. Denn statistisch fallen die meisten Stunden mit negativen Strompreisen in der Zeit von 10 bis 16 Uhr an. Eine Ost-West-Anlage produziert den meisten Ertrag hingegen in den Morgen- und Abendstunden. Wird Strom zu diesen Zeiten eingespeist, reduziert man das Risiko, unter negativen Strompreisen zu leiden.
Den Betrieb einfach in die Stunden verlegen, in denen besonders häufig negative Strompreise anfallen - das ist für viele Unternehmen nicht möglich. Doch es gibt auch andere Möglichkeiten, um von negativen Strompreisen zu profitieren, zum Beispiel mittels eines Batteriespeichers. Mit einem smarten Ladesystem lässt sich der Speicher zu günstigen Zeitpunkten aufladen. Verbraucht wird der günstige Strom dann zeitunabhängig. Mehr Informationen dazu finden Sie in diesem Blogartikel.
Generell gilt: Verbraucher profitieren nur dann von negativen Strompreisen, wenn sie einen dynamischen Stromtarif haben. Diese orientieren sich am Börsenstrompreis. Da noch Netzentgelte und Steuern zum Strompreis hinzukommen, bekommen Verbraucher zwar nicht direkt Geld ausgezahlt, wenn sie Strom zu negativen Preiszeitpunkten beziehen, aber die Kosten sind sehr gering bzw. fast nicht existent.
Die Zahlen zeigen bereits eine klare Tendenz: Während es 2021 noch 139 Stunden mit negativen Strompreisen gab, waren es 2024 bereits 457 Stunden – also mehr als drei Mal so viele. Dieser Trend dürfte sich fortsetzen, da der Anteil erneuerbarer Energien weiter wächst und gleichzeitig noch nicht genügend Speicherkapazitäten oder flexible Lasten vorhanden sind, um die überschüssige Energie sinnvoll zu nutzen.
Allerdings könnte sich dieser Trend mittelfristig abschwächen, wenn neue Speichertechnologien, smarte Netze und flexible Verbraucher stärker in den Markt integriert werden. Um das Stromnetz stabil zu halten und negative Strompreise zu reduzieren, gibt es verschiedene Lösungsansätze:
Auch Elektroautos könnten in Zukunft eine Schlüsselrolle bei der Flexibilisierung des Stromnetzes spielen. Durch sogenannte Vehicle-to-Grid (V2G)-Technologien könnten sie nicht nur Strom aus dem Netz ziehen, sondern ihn auch wieder einspeisen, wenn er gebraucht wird. So könnten tausende E-Autos als dezentrale Speicher dienen und überschüssige Energie aufnehmen, wenn die Strompreise negativ sind – und sie später wieder ins Netz abgeben, wenn der Bedarf steigt.
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